An der Einsatzstelle
Nachdem Andreas letzte Woche über die Gefahren an der Einsatzstelle besonders bei einem Verkehrsunfall geschrieben hat, soll es heute nochmal um das angesprochene Schema gehen, welches man bei Einsatzlagen gut anwenden kann.
AAAACEEEE oder auch besser abgekürzt 4A – 1C – 4E ist ein Schema zu Gefahren an der Einsatzstelle. Dieses ist die weitverbreitete Darstellung des Schemas oder der Merkregel. Besonders bei der Feuerwehr gibt es die Erweiterung auf 5A – 1B – 1C – 5E, die natürlich weitere Gefahren (Absturz, Brand oder Ertrinken) beinhaltet oder besser differenziert. Einen guten Überblick über die Dinge, die uns erwarten und die wir beachten müssen, gibt uns aber schon das normale Schema. Wie beschrieben sollte sich jeder im Einsatz befindliche Helfer an die Eigensicherung erinnern. Es bringt dem Patienten und sich selbst nichts, wenn beispielsweise beide in einem Fahrzeug eingeklemmt sind oder in einem brennenden Haus sitzen. So schwer es ist, man will ja helfen, aber man sollte sachlich an die Lage rangehen. Auf der Fahrt zu Einsatzstellen muss meine seine persönliche Ausrüstung beieinanderhaben und auch natürlich dann tragen. Ein Helm ist kein Modeaccessoire, sondern Teil der Schutzausrüstung.
Beginnen wir mit den einzelnen Buchstaben und deren Bedeutungen dahinter.
A wie Atemgifte
Dazu zählen alle Stoffe, die sich über die Luft verbreiten oder auch Stoffe die Ausdünstungen fördern. Nicht nur die Gifte, also chemische Substanzen aus der Kriegsführung, an die man jetzt denken könnte, sondern auch das bei der unvollständigen Verbrennung entstehende Kohlenstoffmonoxid (CO) gehört zu der Gruppe. Wenn man zu einem Brand in einer bspw. Fabrik gerufen wird, können im Inneren natürlich Rauch und andere Substanzen freigesetzt werden, die unserem Organismus sehr stark schaden. Sollte man vor der Feuerwehr am brennenden Gebäude eintreffen, heißt es vorsichtig sein. Es könnte eine starke Rauchentwicklung geben und unser mitgenommene CO-Warner (misst das nicht sichtbare oder riechbare CO) kann anschlagen. Dann lieber etwas Abstand halten und nicht in Windrichtung stehen. Aus der Gefahrenzone kann die Rettung nur von PA Trägern (Pressluftatmer mit mitgeführter Druckluftflasche) der Feuerwehr oder mit ABC Anzügen ausgerüsteten Helfern erfolgen. Zu beachten ist, dass man viele Stoffe nicht sieht oder riecht, was die Problematik leider verschlimmert.
A wie Ausbreitung
Ausbreitung ist ein großes Thema, bei dem die verschiedensten Gefahren zusammengefasst werden. Beispielsweise kann sich ein kleiner Brand schnell ausbreiten, auslaufende Flüssigkeiten fließen natürlich auch weiter oder bei Infektionskrankheiten die Übertragung auf andere Menschen. Brände oder bestimmte Stoffe können wir vom Rettungsdienst eher nicht groß bekämpfen. Ein Feuerlöscher gegen eine brennende Scheune ist nicht effektiv. Unsere Kompressen nicht dafür gedacht auslaufendes Öl oder Säure aufzuhalten. Wir können, wenn es die Eigensicherung erlaubt, Personen aus dem Gefahrenbereich retten. Wir müssen uns aber absichern, dass der Rückweg problemlos möglich ist. D.h. wenn der Strom aus Flüssigkeit sich ausbreitet, sollten wir nicht eine 1 m Gasse zum Patienten benutzen, die dann auf dem Rückweg nun nicht mehr existiert. Auch hier müssen wir uns auf dafür ausgebildetes Personal anderer Hilfskräfte und Gerät verlassen. Bei Infektionskrankheiten müssen wir unter Umständen für eine Quarantäne sorgen und ggf. bestimmte Stellen informieren, damit wir auch dort Unterstützung bekommen. Verschweigen oder runterspielen kann hier auch sehr gefährlich werden.
A wie Atomare Gefahren
Es muss nicht immer der Super-GAU in einem Atomkraftwerk sein. Auf deutschen Straßen fahren viele Transporte mit radioaktiven Stoffen, die vielfältig in Medizin und Forschung verwendet werden. Diese Fahrzeuge sehen nicht immer wie ein Castortransport aus. Allerdings sollten alle Fahrzeuge oder Container mit dem typischen Warnzeichen gekennzeichnet sein. In diesem Fall sind wieder spezialisierte Kräfte anzufordern, die sich im Gefahrenbereich bewegen können. Natürlich ist nicht so viel Strahlung zu erwarten wie bei einem Kraftwerk, trotzdem sollte man sich nicht dieser aussetzen. Bei Firmen oder Praxen, die diese Stoffe einsetzen, sollte es immer Schutzkleidung geben. Diese können Mitarbeiter bereitstellen um uns zu schützen.
A wie Angstreaktionen
Angst kann uns bei jedem Einsatz begegnen. Von unserer eigenen in diesem Fall abgesehen. Menschen, die verletzt sind und in einer Lage in die sie selbst nicht reinkommen wollten, sind natürlich unter Umständen ängstlich. Kommen beispielsweise bei einem Verkehrsunfall viele Patienten zu Schaden, sehen ihr kaputtes Fahrzeug oder unsere Blinklichter können wir davon ausgehen, dass sie sich nicht wohl fühlen. Diese Personen handeln dann oft nicht rational. Das bedeutet unter Umständen auch, dass sie von der Unfallstelle wegrennen und über die Gegenfahrbahn laufen oder sich von uns nicht aus dem Gefahrenbereich wegbegleiten lassen. Bei Großereignissen bei den etwas passiert oder bei Terroranschlägen kommt die Massenpanik zum Tragen. Hierbei muss man in aller erster Linie auf sich selbst achten. Wenn 100 Leute auf einen zu rennen und man mittig im Weg steht und sie zum geordneten Abzug anhalten möchte, kann das auch schon mal schlecht für einen ausgehen. Natürlich müssen wir uns genauso wie andere Hilfskräfte bemühen, dass es geordnet und sicher vom Gefahrenbereich weggeht, aber das ist auch von der Seite möglich. Man sollte wissen wo Notausgänge sind oder vom Führungsstab die Info bekommen wo die Menschen hingeleitet werden sollen. Diese Infos muss man natürlich aber auch wieder an die Einsatzleitung weitergeben, wenn sich etwas ändert. Behandeln in einer Massenpanik ist nicht wirklich möglich, da es meist mehr Patienten als Rettungskräfte gibt. Dort muss man dann erst ordnen / sichten und für Verstärkung sorgen, bevor man sich auf den erstbesten Patienten stürzt.
Angstreaktionen kann man also nicht immer vorhersehen oder einfach bewältigen. Man muss auf sich selbst aufpassen und dann objektiv versuchen die Lage zu lösen, im besten Fall natürlich mit Verstärkung.
C wie chemische Gefahren
Wie oben schon erwähnt, können von chemischen Stoffen giftige Dämpfe austreten. Es kann sich aber natürlich auch um Säuren handeln, wo Abstand zu wahren gilt. Chemische Stoffe sind also gefährlich und unsere Schutzausrüstung ist nicht unbedingt dafür ausgelegt gegen diese standzuhalten. Wenn die Rettung von Patienten aus dem Gefahrenbereich nicht möglich ist, dann muss man es aus Eigensicherung auch sein lassen. In der Zeit kann man sich um die Vorbereitung kümmern und die Rettung Fachkräften der Feuerwehr überlassen. Zu beachten sind bei solchen Einsatzstellen immer Hinweistafeln und Schilder, die über die Stoffe oder die Gefahren Hinweise und Informationen geben. Diese hängen da nicht zum Spaß und sollten auch in Aufregung und im Einsatz beachtet werden.
E wie Elektrizität
Strom ist nicht immer der Saft aus der Batterie, der unsere Geräte antreibt. Hochspannungsanlagen oder Industrieanlagen, wie auch Bahnstrecken oder Trafos und Starkstromkabel sind eine ernstzunehmende Gefahr. Befindet sich der Patient an einem offenen Stromkabel und wir ziehen ihn weg, kann es sein, dass wir auch ein kleines Problem mit der Spannung bekommen. Man muss sichergehen, dass die an der Einsatzstelle befindlichen elektrischen Geräte spannungsfrei sind. Man muss nicht in jeder Wohnung, wo man einen Einsatz hat, die Sicherung rausnehmen, aber bei Unfällen mit Strom schadet es nicht. Bei großen Lagen wie in einer Fabrik oder bei einem Umspannwerk müssen Stadtwerke oder Stromdienstleister informiert werden, die die Stelle spannungsfrei stellen können. Bei Zugunglücken gibt es von der Bahn bestimmtes Personal, die die Bereiche abschalten können und ganz wichtig auch die Strecke sperren können, damit wir nicht vor dem fahrendem ICE stehen. Oftmals haben die Feuerwehren die Aufgabe des Erdens übernommen, die dann den Bereich sichern können um die Rettung zu ermöglichen. Grundsätzlich nicht einfach auf Bahnanlagen gehen, denn die müssen erst freigegeben werden für uns. Bei Hochspannungsleitungen gilt besondere Vorsicht, auch im Umfeld von solchen Leitern kann es gefährlich werden. Zur Not müssen wir uns wieder mit der Vorbereitung zur Versorgung des Patienten befassen, bis die Fachkräfte die Einsatzstelle gesichert haben.
E wie Explosion
Explosionen können ebenfalls fast überall passieren auch an ungewöhnlichen Orten wie Metzgereien. Hier ist oftmals mit Bränden oder instabilen Gebäuden oder Strukturen zu rechnen. Also muss man sich vorsichtig vortasten um zu schauen wie weit man ohne spezielle Ausbildung und Technik sich vorwagen kann. In ausreichender Entfernung können die Patienten dann versorgt werden, die von der Feuerwehr dann befreit werden. Auf mögliche Folgeexplosionen oder einstürzende Strukturen muss man jederzeit achten. Am besten zur Versorgung eine freie Fläche auswählen, die nicht erneut in einem Gefahrenbereich einer Folge der Erstexplosion liegen könnte.
E wie Einsturz
Meist die Folge einer Explosion oder natürlichen Ereignissen wir Erdbeben o.ä.. Strukturen, die nicht sicher aussehen, sind es auch meistens nicht. Andere sind genau zu betrachten. Lieber wieder an die Eigensicherheit denken, warten und der Verstärkung die gesicherte Rettung überlassen. Es bringt nichts, wenn Patienten und Rettungskräfte auf weitere Kräfte warten müssen, weil beide verschüttet sind. Bei gesicherten Lagen ist trotzdem wieder auf Folgeerscheinungen zu achten und natürlich auf die Anweisungen beispielsweise der Feuerwehr oder des THWs hören, die Strukturen absichern und abstützen.
E wie Erkrankung
Das letzte E ist vielseitig. Eine Erkrankung oder eine Verletzung sowie ein mögliches Ertrinken sind Themen, die wir bei der Rettung sehen. Hier müssen wir uns auf das was wir sehen / hören verlassen. Wir kommen zu einer Unfallstelle und sehen möglicherweise Verletzungen oder wie hören Patienten, die uns von ihren Verletzungen berichten. Oftmals sollten wir nicht als erstes zu einem Patienten gehen der am lautesten schreit. Dieser bekommt bekanntlich noch gut Luft und wird dementsprechend ein anderes Problem haben, welches wir danach behandeln können. Die Patienten, die leise sind bzw. sich nicht groß bewegen sind meistens wichtiger und haben schlimmere Verletzungen oder Erkrankungen. So müssen wir alles beobachten was wir sehen um diese Verletzungen o.ä. vernünftig versorgen zu können ohne uns zu gefährden.
Zusammen gefasst können wir natürlich nicht alles alleine machen. In allen Fällen muss natürlich die Leistelle informiert werden. Außerdem müssen weitere Kräfte auch anderer Fachrichtungen informiert und alarmiert werden. In der jeweils benötigten Anzahl und Ausrüstung, aber das übernimmt die Leitstelle für uns. An die Eigensicherung muss man denken und das zu jeder Zeit. Eine Lage kann sich auch verschlimmern, sodass man sich erst zurückziehen muss. Das ist nicht schlimm oder falsch. Nicht einsatzfähig oder selbst als Patient, könnt ihr nicht helfen und benötigt selbst Hilfe.
Bei jedem neuen Einsatz, bei dem ihr zu einer Einsatzstelle kommt, empfiehlt es sich kurz noch im Auto beim rollen diese Punkte anzusehen, zu bewerten und ggf. dann schon darauf zu reagieren. Natürlich sind dieses alles Dinge, die nicht bei jedem Sandienst vorkommen, aber man sollte die immer im Hinterkopf haben.